Warum gibt es (auf die Schnelle) keinen kostenlosen Anwalt?

Anwalt in Besprechung

Die Vorstellung von einem kostenlosen Anwalt mag verlockend klingen, besonders für diejenigen, die sich in rechtlichen Angelegenheiten befinden und nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um die Dienste eines Anwalts zu bezahlen. Doch die Realität ist, dass es selten vorkommt, dass Anwälte ihre Dienste ohne Kosten anbieten. Hier sind einige Gründe, warum das so ist:

  1. Berufliche Kosten: Anwälte haben ihre eigenen beruflichen Kosten zu decken, einschliesslich Büromiete, Gehälter für Mitarbeiter, Versicherungen und Weiterbildung. Um ihre Dienste anzubieten, müssen sie ihre Ausgaben decken und oft genug Einkommen generieren, um ihr Geschäft aufrechtzuerhalten.
  2. Zeitaufwand: Die Arbeit eines Anwalts erfordert Zeit und Aufmerksamkeit. Sie müssen Fallakten durchgehen, Recherchen durchführen, Strategien entwickeln und mit Kunden kommunizieren. Ein Anwalt, der seine Zeit kostenlos zur Verfügung stellt, würde seinen eigenen Lebensunterhalt gefährden.
  3. Fachwissen und Erfahrung: Anwälte investieren viel Zeit und Geld, um ihr Fachwissen und ihre Erfahrung zu entwickeln. Ihre Kenntnisse sind wertvoll, und es ist unangemessen, zu erwarten, dass sie diese kostenlos zur Verfügung stellen.
  4. Anreiz zur Leistung: Wenn Anwälte ihre Dienste kostenlos anbieten würden, gäbe es wenig Anreiz für sie, ihr Bestes zu geben. Die Möglichkeit, ein angemessenes Honorar zu verdienen, motiviert Anwälte, sich voll und ganz für ihre Kunden einzusetzen und qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten.
  5. Risiko und Haftung: Anwälte tragen ein gewisses Risiko und eine Haftung für die Beratung ihrer Kunden. Wenn sie ihre Dienste kostenlos anbieten würden, würden sie immer noch dieses Risiko eingehen, ohne angemessen entschädigt zu werden.
  6. Anwaltliche Ethik und Unabhängigkeit: Anwälte müssen sich an ethische Regeln halten, die ihre Unabhängigkeit und Integrität gewährleisten. Kostenlose Rechtsberatung könnte zu Interessenkonflikten führen oder die Unabhängigkeit des Anwalts beeinträchtigen.

Es gibt jedoch Situationen, in denen bedürftige Personen kostenlose Rechtsberatung erhalten können, durch die unentgeltliche Prozessführung. Dabei muss der Fall eine gewisse Komplexität aufweisen und darf nicht aussichtslos sein, damit ein Anwalt beauftragt wird. Dennoch ist kostenlose Rechtsberatung keine Garantie und wird nicht automatisch in allen Fällen gewährt. In der Regel wird sie nur in Situationen angeboten, in denen ein dringender Bedarf besteht oder wenn schwerwiegende Rechtsfragen vorliegen.

Unentgeltliche Rechtsauskunft

Eine unentgeltliche Rechtsauskunft ist qualitativ nicht dasselbe wie eine umfassende Beratung. Vielmehr können Ratsuchende in kurzen Besprechungen erste Auskünfte zu Rechtsfragen einholen, einfache Rechtsprobleme aus dem Alltag oder die Weiterleitung an die zuständige Behörde/Stelle bei komplexeren Fragen klären. Einige dieser Stellen organisieren auch unentgeltliche Rechtsberatungen zu bestimmten Tagen und Zeiten, um den Bedürfnissen der Öffentlichkeit gerecht zu werden.

  1. Schweizerischer Anwaltsverband: In den meisten Kantonen betreiben die kantonalen Anwaltsverbände Rechtsauskunftsstellen. Die Mitglieder des Verbandes erteilen unentgeltlich oder gegen Entrichtung einer bescheidenen Gebühr Rechtsberatung. Ohne Voranmeldung können Sie sich im persönlichen Gespräch in der Rechtsauskunftsstelle beraten lassen. In der Regel stehen dafür 15 bis 30 Minuten zur Verfügung. In einigen Kantonen können Rechtsfragen telefonisch gestellt werden. Die Liste der kantonalen Rechtsauskunftsstellen findet man unter sav-fsa.ch.
  2. Gemeinden: Viele Gemeindeverwaltungen haben Sprechstunden für Bürgerinnen und Bürger eingerichtet, die Rechtsauskunft brauchen. Oder sie subventionieren gar Vollzeitberatungsstellen. In der Regel ist die erste Konsultation unentgeltlich. Konsultieren Sie die Website der jeweiligen Gemeinde oder fragen Sie bei der Gemeinde- oder Stadtkanzlei an.

Weitere Ressourcen und Beratungsmöglichkeiten finden sich in verschiedenen Organisationen, wie dem Schweizer Stockwerkeigentümerverband, Gewerkschaften, Patientenorganisationen, Behindertenorganisationen und vielen anderen.

Insgesamt ist die Idee eines kostenlosen Anwalts zwar attraktiv, aber in der Praxis unpraktisch und unrealistisch, besonders wenn es darum geht, dass Anwälte nur kurz das rechtliche Anliegen bewerten. Anwälte sind Fachleute, die für ihre Dienstleistungen angemessen entschädigt werden sollten, um die Qualität und Integrität der Rechtsberatung zu gewährleisten.