Die Besonderheiten des Lehrvertrages
Dr. iur. Dr. rer. pol., LL.M., Rechtsanwalt, Notar
Fabian Teichmann
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Die berufliche Grundbildung, umgangssprachlich Berufslehre genannt, wird in Art. 344 ff. OR geregelt und gehört damit zu den besonderen Arbeitsverträgen des Schweizer Arbeitsrechts. Charakteristisch für den Lehrvertrag ist, dass der Ausbildungscharakter, das Vermitteln von Fähigkeiten, im Zentrum steht und nicht die ökonomische Entwicklung des Arbeitsgebers.
Unsere Rechtsanwälte für Arbeitsrecht in St.Gallen, Frauenfeld oder Zürich werden täglich mit den verschiedensten Bereichen des Arbeitsrechts konfrontiert. Bei Fragen zum Lehrvertrag oder einem anderweitigen Thema des Arbeitsrechts helfen wir Ihnen gerne weiter.
Der Lehrvertrag als Arbeitsvertrag
Das Ziel der Ausbildung spiegelt sich neben der fachlichen Ausbildung auch in der allgemeinen Ausgestaltung der Arbeit wider. Im Sinne von Art. 345a Abs.4 OR darf der Lernende für andere als den vorgesehenen beruflichen Arbeiten oder auch Akkordarbeit nur dann eingesetzt werden, wenn es mit dem zu erlernenden Beruf in einem Zusammenhang steht und keine Beeinträchtigung der Bildung darstellt. Nichtsdestotrotz bleibt der Lehrvertrag ein Arbeitsvertrag. So müssen auch Lernende Überstunden leisten, wenn diese benötigt werden. Ist der Ausgleich der Überstunden nicht durch Freizeit gegeben, sind sie grundsätzlich mit einem Zuschlag von mindestens einem Viertel zu vergüten. Speziell ist hierbei, dass die Vergütung des Zuschlags sich nicht am Lohn des Lernenden, sondern am Lohn eines Hilfsarbeiters orientiert. Insgesamt ist eine Lohnzahlung nach Schweizer Recht nicht geschuldet, jedoch üblich. Arbeitsverbände geben häufiger Empfehlungen zu Lohnzahlungen; eine verbindliche Regelung in einem Gesamtarbeitsvertrag ist jedoch eher die Seltenheit.
Pflichten des Arbeitgebers
Im Vergleich zu Arbeitsverhältnissen ohne Lehrbeauftragung kommt der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers eine bedeutendere Rolle zu. Dies zeigt sich auch an einer verstärkten Berücksichtigung der Schutzbedürftigkeit der Lernenden im Lehrvertragsrecht.
Des Weiteren muss einem Lernenden die Zeit gegeben werden, um sich in der Berufsschule fortzubilden, damit die entsprechenden Fähigkeiten für die Lehrabschlussprüfung angeeignet werden können. Einen Abzug dafür im Lohn ist nicht zulässig.
Pflichten des Lernenden
Lernende müssen alles daran tun, um das Lehrziel zu erreichen. Denn ein Bestehen, beziehungsweise ein Nichtbestehen hat Konsequenzen auf den Ruf des Unternehmens. Weiter hat der Arbeitgeber nicht nur die Pflicht, dem Lernenden Zeit für die Berufsschule zu geben, Lernende sind ebenso verpflichtet, diese auch zu besuchen.
Die Beendigung eines Lehrvertrags
Der Lehrvertrag kann während der Probezeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden. Danach kann das Arbeitsverhältnis nur im Sinne von Art. 346 Abs. 2 OR aus wichtigem Grunde gekündigt werden. Namentlich sind dies auf Arbeitsgeberseite das Fehlen erforderlicher Mittel, um die Bildung der Lernenden zu gewährleisten. Auf Seite des Lernenden sind wichtige Gründe das Fehlen von erforderlichen Voraussetzungen wie körperliche oder geistige Anlagen. Aus objektiver Sicht kann ebenfalls gekündigt werden, wenn die Ausbildung des Lernenden nicht oder nur unter einer wesentlichen Veränderung der Verhältnisse abgeschlossen werden kann.
Wie in diesem Beitrag dargestellt, ergeben sich aus den Besonderheiten des Lehrvertrags einige Unterschiede zu einem Arbeitsverhältnis ohne Bildungsauftrag, was zu Schwierigkeiten führen kann. Bei Fragen bezüglich des Arbeitsrechts helfen unsere Anwälte für Arbeitsrecht in Zürich, Frauenfeld oder St.Gallen Ihnen gerne weiter.