Schnellüberblick
- Erben, die die Gültigkeit eines Testaments anzweifeln, können dieses nach Eintritt des Erbfalls gerichtlich anfechten.
- Die Einreichung der Klage muss in der Regel innert eines Jahres ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes erfolgen.
- Zugelassene Klagearten sind besonders die Ungültigkeits-, Nichtigkeits- sowie die Herabsetzungsklage.
- Anwalts- und Gerichtskosten richten sich meist nach dem Streitwert.
Gesetzliche Grundlagen
Das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) regelt im 14. Teil die Form und Voraussetzungen letztwilliger Verfügungen. Ein Testament ist nur wirksam, wenn der Erblasser testierfähig war, alle Formvorschriften eingehalten wurden und keine gesetzlichen Erbenrechte verletzt wurden. Kommt es zu Verstössen gegen diese Regeln, können benachteiligte Erben das Dokument anfechten, um ihre gesetzlichen Ansprüche durchzusetzen.
Wer darf anfechten und wann?
Nur Erben, deren gesetzlicher Pflichtteil oder andere geschützte Ansprüche durch das Testament beeinträchtigt werden, können eine Anfechtungsklage erheben. Voraussetzung ist, dass der Erblasser bereits verstorben ist und somit der Erbfall formell eingetreten ist. Erst ab diesem Zeitpunkt beginnt die Anfechtungsfrist zu laufen.
Fristen für die Anfechtung
- Jahresfrist: Innerhalb eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes muss die Klage beim zuständigen Gericht eingereicht werden.
- Maximalfrist: Unabhängig von der Kenntnis erlischt das Anfechtungsrecht zehn Jahre nach dem Erbfall.
Zulässige Klagegründe
Erben können ein Testament dann anfechten, wenn mindestens einer der folgenden Tatbestände vorliegt:
-
Testierunfähigkeit
Der Erblasser war zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht in der Lage, den Inhalt und die Folgen seiner Verfügung zu überblicken. -
Formmängel
Fehler in der Errichtung (z. B. fehlende Unterschrift, fehlende Zeugen bei öffentlicher Beglaubigung) rechtfertigen eine Ungültigkeitsklage. -
Willensmängel
- Motivirrtum: Der Erblasser ging von einem nicht eingetretenen Umstand aus.
- Erklärungsirrtum: Ungewollte oder fehlerhafte Formulierungen in der Urkunde.
- Inhaltsirrtum: Missverständnisse über die tatsächliche Wirkung seiner Verfügungen.
-
Drohung, Zwang oder arglistige Täuschung
Wurde der Erblasser beim Verfassen des Testaments eingeschüchtert, manipuliert oder bewusst getäuscht, ist eine Anfechtung möglich. -
Sittenwidrigkeit
Verstösst das Testament gegen zwingende Rechtsnormen oder essentielle Moralvorstellungen, können nur die rechts- oder sittenwidrigen Teile angefochten werden. -
Pflichtteilsverletzung
Wenn ein Pflichtteilsberechtigter unberücksichtigt bleibt und nachgewiesen werden kann, dass der Erblasser bei Kenntnis seiner Ansprüche anders gewollt hätte. -
Bindung an frühere Erbverträge
Bestehen älteren Erbverträgen Vorrangrechte, kann eine Ungültigkeitsklage erhoben werden. -
Erbunwürdigkeit
Ein eingesetzter Erbe hat sich durch Tötungsdelikt, schwerwiegende Täuschung, Urkundenfälschung oder Ähnliches erbunwürdig gemacht. -
Teilweise Unwirksamkeit
Ist ein Teil des Testaments unwirksam und beeinflusst er dadurch die übrigen Verfügungen, kann das gesamte Dokument angefochten werden.
Sinnlose Anfechtungsversuche
Eine Anfechtung lohnt sich nicht, wenn
- lediglich Unzufriedenheit ohne nachweisbaren Rechtsmangel besteht,
- die Beweislast (z. B. Hörensagen) nicht zu erfüllen ist,
- der Pflichtteil zwar unbefriedigt, aber rechtlich nicht verletzt wurde.
Zulässige Rechtsmittel
Mangel | Klageart | Gesetzliche Grundlage |
---|---|---|
Testierunfähigkeit, Form- oder Willensmangel | Ungültigkeitsklage | Art. 519–521 ZGB |
Gröblich formwidriger oder widersprüchlicher Inhalt, offensichtliche Fälschung/Zwang | Nichtigkeitsklage | Art. 519–521 ZGB |
Verletzung des Pflichtteils | Herabsetzungsklage | Art. 522–533 ZGB |
Erfolgsaussichten
Eigenhändige Testamente bieten oft Ansatzpunkte für Form- und Auslegungsfehler und gelten daher als leichter angreifbar.
Öffentliche (notarielle) Testamente sind formal überprüft, lassen Mängel seltener zu, jedoch können auch hier persönliche Interessen (Pflichtteil) Grund für eine Anfechtung sein.
Die Erfolgschancen hängen immer vom konkreten Einzelfall und der Beweisführung ab. Eine professionelle Einschätzung durch einen auf Erbrecht spezialisierten Anwalt ist deshalb unerlässlich.
Kosten einer Anfechtung
Zu rechnen ist mit
- Anwaltskosten,
- Gerichtskosten,
- Gutachter- und Auslagenpauschalen.
Da sich die Gebühren meist nach dem Streitwert richten, steigt der finanzielle Aufwand mit dem Wert des Nachlasses. Hinzu kommt oft ein längerer Verfahrensverlauf, was Zeit und Geld beansprucht.
Die Rolle des Anwalts
Ein erfahrener Erbrechtsanwalt
- prüft, ob eine Anfechtung gesetzlich erfolgversprechend ist,
- erledigt die rechtliche und formelle Antragstellung,
- begleitet dich vor Gericht und vertritt deine Interessen,
- holt Gutachten ein und erleichtert die Beweisführung.
Ohne fachkundige Unterstützung sinken erfahrungsgemäss die Aussicht auf Erfolg und die Effizienz des Verfahrens deutlich.
Häufige Fragen (FAQ)
- Wie lange kann ich ein Testament anfechten?
- Innerhalb eines Jahres, sobald du vom Anfechtungsgrund erfährst; maximal zehn Jahre nach dem Erbfall.
- Welche Gründe erlauben eine Anfechtung?
- Z. B. Testierunfähigkeit, Formfehler, Irrtümer, Zwang, Pflichtteilsverletzung, Erbunwürdigkeit und Sittenwidrigkeit.
- Geht das auch bei notariellen Testamenten?
- Ja, aber hier sind Formmängel selten. Meist liegt der Anfechtungsgrund in der Pflichtteilssituation oder persönlichen Interessen.
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